DIE 10 GEBOTE

Der Dekalog


Der göttliche Autor sagt:
Es hätte den Dekalog nicht gegeben, wenn die Vernunft immer die Sinne beherrscht hätte, das heißt, wenn die Urschuld im Garten Eden nicht begangen worden wäre. Es hätte ihn auch nicht gegeben, wenn aus der Unordnung der Sinne nicht der Verlust der Gnade und der Unschuld und damit auch der des Wissens eingetreten wären. Der Dekalog ist nämlich zugleich Mitleid und Strafe. Mitleid mit den Schwachen, Strafe für die Gottesverächter, die das Böse in dessen vollem Bewusstsein tun.
Der Dekalog mit seinem positiven: “Du sollst” und seinem negativen Teil: “Du sollst nicht” definiert die Sünde mit allen ihren Konsequenzen. Man sündigt nämlich, wenn man weiß, dass man sündigt, und nach der Übergabe des Gesetzes hatte der Mensch nicht mehr die Entschuldigung zu sagen: “Ich wusste nicht, dass es Sünde war.”
Der Dekalog ist Mitleid, Strafe und Prüfung, so wie auch der Baum in der Mitte von Eden “Prüfung” war. Ohne Erprobung gibt es keinen bewährten Menschen. Es steht geschrieben, dass Gott den Menschen wie der Goldschmied das Gold im Schmelztiegel prüft. Nur die starken Tugenden, vor allem die Liebe, leisten den Verboten des Gesetzes Folge. Denn im Allgemeinen begehrt der Mensch durch satanische Anstiftung oder durch latente Anreize gerade das Verbotene zu tun. Daher sind jene wahrhaft heldenhaft, die ihre Sinne und die Versuchung mit dem Gewicht ihrer starken Liebe unter die Füße treten und die gierigen Hände nicht nach der verbotenen Frucht ausstrecken.
Sie sind nämlich die wahren Christen, die keinen Missbrauch mit den unendlichen Verdiensten Christi, mit der durch Ihn erhaltenen Gnade treiben, und die als wilde Reben dem wahren Weinstock eingepfropft, ihrem Gott reichliche Früchte tätiger Tugenden bringen und daher des ewigen Lebens versichert sein können.
Sie sind die wahren Christen, in denen die Gaben des Heiligen Geistes lebendig sind; Dieser vervollständigt nämlich Jesus, indem Er den im Stande der Gnade Gottes lebenden Menschen die Wissenschaft mitteilt, das große durch die Adamsschuld verlorengegangene Geschenk, die Wissenschaft, ohne die das Gesetz, das eigentlich “Leben” sein sollte, zum “Tod” werden kann. Denn der Mensch, der nicht die seinem Stande angemessene Wissenschaft hat, hat weder eine geordnete Liebe zu Gott, noch zu irgendwelchen Geschöpfen; er verfällt den verschiedenen Götzendiensten und der dreifachen Begierlichkeit; er verunstaltet sogar die Religion zu einem angemaßten Mischmasch sündiger Praktiken...